Ist die AfD wirklich antidemokratisch?
Die AfD zeichnet mit ihrem Programm und dem Verhalten ihrer Vertreter die Vision eines Deutschland, in dem die Mehrheit der Menschen nicht leben will. Eine Vision, die fundamental den für unsere jetzige Gesellschaft typischen Grundwerten, wie Toleranz, Liberalismus, Pluralismus und so weiter, widerspricht.
Aber ist sie deshalb undemokratisch, wie gut zwei Drittel der Deutschen laut einer Allensbach-Umfrage glauben?
Zuerst einmal muss man klar sagen: Nein, die AfD ist keine antidemokratische Partei, wie etwa die NSDAP. Nirgendwo, nicht ihrem Parteiprogramm, nicht in einer einzigen Aussage eines ihrer Vertreter, lässt sich ein Hinweis darauf finden, dass es ihr Ziel ist, die parlamentarische Demokratie abzuschaffen, andere Parteien zu verbieten und eine Diktatur zu errichten.
Und dass sie kontroverse Werte und Visionen offen vertritt, die zurecht als rassistisch, reaktionär und menschenfeindlich bezeichnet werden, ist kein Beweis. In einer Demokratie muss es einen offen Wettstreit zwischen verschiedenen Ideen und Visionen, guten und schlechten, geben.
Aber, nachdem das gesagt ist, sollte man trotzdem einige Dinge bedenken, bevor man die AfD von jedem Undemokratie-Verdacht freispricht.
Zum einen muss man sich anschauen, wie die AfD Politik macht. Sie verfolgt eine klassische populistische Strategie: Statt zielorientiert und sachlich auf Veränderungen hinzuarbeiten, versucht die AfD bei jeder Gelegenheit zu polarisieren, um sich selbst als Anti-Establishment Partei darzustellen. Daher äußert sie sich stets nur zu einigen wenigen Themen, die gerade in der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden, zum Beispiel dem Zustand der EU, der Flüchtlingskrise oder neuerdings dem Islam, und versucht dort die Debatte durch extreme Aussagen anzuheizen. So sagten AfD Vertreter, während der Flüchtlingskrise, dass man Flüchtlinge auch mit Waffengewalt daran hindern sollte, die deutsche Grenze zu überqueren, oder, dass der Islam nicht mit dem Grundgesetz vereinbar wäre. Wenn dann aber verschiedene gesellschaftliche Akteure ihr entgegentreten, stellt sie sich als Opfer des angeblich undemokratischen Mainstreams dar.
Gleichzeitig bleibt ihr Programm bei weniger kontrovers diskutierten, dafür um so wichtigeren, Themen, meist unscharf. Niemand weiß beispielsweise so ganz genau, welche Wirtschafts- und Sozialpolitischen Positionen die AfD vertritt. Folgt man ihrem Anti-Establishment-Aussagen und ihrem Auftreten, sollte man zu dem Schluss kommen, die AfD würde einen sozialpatriotischen Ansatz verfolgen, in ihrem Parteiprogramm stellt sie sich jedoch wirtschaftsliberal und marktradikal dar.
Man kann also sagen, dass die AfD mit ihrer Art Politik zu machen, nicht dazu beiträgt Politik tatsächlich im Sinne der Menschen zu gestalten, sondern vielmehr eine aggressivere Grundstimmung und eine tiefe Spaltung der deutschen Gesellschaft zu erzeugen. Damit schadet sie der deutschen Demokratie beträchtlich.
Rechtsradikale der "Identitären Bewegung" auf einer AfD-Demo in Geretsried |
Doch nicht nur von außerhalb profitieren Rechtsextreme vom Aufstieg der AfD, Fälle, wie der des baden-württembergischen AfD Abgeordneten und Antisemiten Wolfgang Gedeon, beweisen, dass sich Individuen mit klar rechtsextremen und antidemokratischen Überzeugungen auch innerhalb der AfD wohl fühlen und dort sogar bedeutende Ämter erlangen können.
Ob beabsichtig oder nicht, die AfD hat mitgeholfen in Deutschland ein politisches Klima zu erzeugen, in dem sich Demokratiefeinde aus der radikal rechten Ecke trauen offen aktiv zu werden und sogar in Machtpositionen gelangen können.
Und zu guter Letzt darf man nicht vergessen, dass mehr dazu gehört ein Demokrat zu sein, als nur das bestehende parlamentarische System zu akzeptieren. Dazu gehört ohne Zweifel auch die Grundlegende Überzeugung, dass alle Menschen sich am politischen Entscheidungsprozess beteiligen können sollten und dass Probleme am besten mit einem transparenten, ehrlichen und möglichst die Interessen aller Betroffenen berücksichtigenden Prozess gelöst werden sollten.
Bei der AfD jedoch scheint es nicht so, als läge ihrem Handel diese Überzeugung zugrunde. Stattdessen macht sie immer wieder deutlich, dass sie sich eigentlich nur um die kleine Minderheit der weißen, christlichen, heterosexuellen, rechtskonservativen Menschen kümmern will. Politiker, die sich auch den Bedürfnissen der Menschen, die nicht in das Raster der AfD passen, annehmen, werden aus ihrem Umfeld gerne als „Volksverräter“ bezeichnet und ihnen wird ihre aus demokratischen Wahlen beruhende Legitimation abgesprochen. Gleiches passiert den Medien, die sich mehr der Wahrheit, als dem Weltbild der Rechtspopulisten verpflichtet fühlen, sie werden mit dem Schmähnamen „Lügenpresse“ bedacht.
Dieses selektive Demokratieverständnis, nur eine kleine Menschengruppe als wirklich entscheidend anzusehen, während dem Rest der Menschen das Recht, im politischen Prozess berücksichtigt zu werden, abgesprochen wird, ist typisch für Rechtspopulisten und eine echte Gefahr für die deutsche Demokratie.
Zusammengefasst kann man sagen, dass die AfD zwar keine antidemokratische Partei, mit dem direkten Ziel die deutsche Demokratie abzuschaffen ist, aber auch keine wirklich demokratische. All zu oft bleibt die demokratische Gesinnung vieler ihrer Vertreter zweifelhaft. Und dass der Aufstieg der AfD mit populistischen Art und Weise Politik zu machen einen negativen Einfluss auf die Funktionalität und Stabilität des demokratischen Systems in Deutschland hat ist unbestreitbar!
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